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Fahrer Peter Nisslbeck prüft die Ware.

On Tour mit der "Tafel"
Freude am Geben
Geschäftsleute ziehen mit

Ein grauer Februartag, 7 Uhr morgens: In Amberg fahren die Leute zur Arbeit, manche mit dem Rad, die meisten angesichts der feuchtkalten Witterung mit dem Auto. An roten Ampeln warten fröstelnde Fußgänger. Der Kochkeller, wo Eduard Rast und Peter Nisslbeck zur Dienstagstour durch Supermärkte und Läden starten, liegt noch im nebligen Dunkel. Dann tauchen die beiden auf. Erst noch ein Scherz, von wegen der Kühe, die nachts ja alle schwarz sind, dann geht es auch schon los. Erste Anlaufstelle ist die Bäckerei Hiltner an der Marienstraße, wo „ausgerechnet diesmal“, so die Verkäuferin bedauernd, nichts übrig geblieben ist. Im lockeren Umgangston folgt ein kurzes Gespräch mit den Fahrern, man kennt sich. Abgeholt wird schon seit zwei Jahren, was da ist. Wenn nichts da ist, gibt es halt nichts zu holen. Nicht weiter schlimm.
Dafür warten an der nächsten Station schon drei Kartons, voll gepackt mit Brot, Semmeln und verschiedenem Gebäck. Auch in der Bäckerei Nußstein werden die Fahrer freundlich empfangen. Ein Lächeln breitet sich auf den Gesichtern aus. Selbst nach zwei Jahren ist es offenbar noch kein erstarrtes Ritual, dass die Fahrer von der „Tafel“ vorbeikommen. Abseits von der geschäftlichen Routine scheint hier ein Freiraum auf, und zwar als Folge einer einfachen, aber guten Idee: übrig gebliebene, aber qualitativ einwandfreie Lebensmittel abzugeben an Bedürftige.
Den Geschäftsleuten tut es schließlich nicht weh, und große Supermärkte oder Discounter sparen sich sogar die Entsorgung ganzer Paletten, etwa wenn Lebkuchen oder Weihnachtsmänner aus Schokolade nicht mehr so ganz in die Saison passen. Brauchen kann die „Tafel“ übrigens „das ganze Sortiment, also alles, was die Geschäfte zu bieten haben“, sagt Eduard Rast. Dass es dann manchmal zu Ostern Nikoläuse hagelt, ist für ihn kein Problem. Hauptsache, es gibt immer was zu verteilen. Sonst würden die Körbe, die sich im Laden am Kochkeller füllen, leer bleiben.
So gerecht wie möglich geht es zu, wenn die Nahrungsmittel verteilt werden. Per Los weiß jeder, wann er an der Reihe ist. Für mehr als zwei Abholer mit Berechtigungsausweis gibt es nicht nur einen, sondern zwei Körbe. Ein kleines Kunststück vollbringen die Ehrenamtlichen, wenn sie dafür sorgen, dass auch die weniger Glücklichen am Ende etwas abbekommen. Denn übrig bleiben soll schließlich auch nichts.
Im Lauf der Dienstagstour ist nach der Bäckerei Meyer an der Regensburger Straße noch das Kaufland dran. Die Verkäuferin an der Brottheke winkt die Fahrer durch in den Lagerraum. Dort stehen aufgestapelte Plastikkisten bereit. Auch sie werden der Reihe nach ins Auto gepackt. Stauraum gibt es für kurze Touren genug im PKW. Für die Großtransporte stehen zwei Transportfahrzeuge bereit, darunter der fast neue „Sprinter“. Als Unterstützung für die „Tafel“ bundesweit hat DaimlerCrysler ein Sponsoring Programm aufgelegt. 50 Prozent Preisnachlass bedeutet dies pro Fahrzeug. Davon hat auch die „Amberger Tafel“ profitiert. Für den Rest kamen Lions, die Stiftung life und die „Tafel“ selbst auf.
Die beiden Fahrer führen nach jeder Etappe und zuletzt noch am „Kaufland“ Buch über den jeweiligen Neuzugang an Waren, damit ihre Herkunft dokumentiert ist wie es der EU-Richtlinie entspricht. Dann geht es zurück zum Kolpinghaus, wo die Sachen in ein paar Stunden zum Abholen bereit stehen, geprüft und eingeräumt in die Regale von fachkundigen Händen. „Helfen, sich nützlich machen“, geben die ehrenamtlichen Männer und Frauen als Gründe an für ihr Engagement. Ansonsten machen sie wenig Aufhebens davon. Um Selbstdarstellung geht es ihnen jedenfalls nicht.

„Amberger Tafel e. V.“ ist als eingetragener Verein dem „Bundesverband Deutsche Tafel e. V. Berlin“ angeschlossen. Bundesweit gibt es derzeit rund 650 „Tafeln“ (Info unter www.tafel.de. Als Nachweis der Hilfsbedürftigkeit gelten die öffentlich rechtlichen Leistungsnachweise über Sozialhilfe, Rentengrundsicherung, ALG II oder der Kindergartenkostenübernahmebescheid.
Spendenkonto für die „Amberger Tafel“: Sparkasse Amberg-Sulzbach, BLZ 752 500 00; Konto 200 620 383.
Amberger Tafel e. V.; Frau Beate Binder, Kochkellerstr. 1, 92224 Amberg; Tel.: 09621/913328, Fax: 09621/788056.
Regensburger Tafel e.V.; Herr Günter Ulshöfer, Johann-Höslstr. 11, 93063 Regensburg (nur Ausgabestelle, keine Postadresse); Tel.: 0941/24836; Fax: 0941/3077306.
Weidener Tafel e. V.: Herr Ernst Köhler, Stockhutweg 24, 92637 Weiden; Tel.: 0961/6704011, Fax: 0961/6704049.

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Eduard Rast, Fahrer bei der "Amberger Tafel" und Petra Hain (Bäckerei Meyer).

"Amberger Tafel"
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On Tour mit der "Tafel"
Geschäftsleute ziehen mit

Interview mit Beate Binder
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