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Kommentar
Friedrich Merz Spezial Dragée

Politik: Regional und global
Friedrich Merz Spezial Dragée
Kommentar

SP nimmt die Empfehlung von Kanzlerin Merkel ernst und setzt sich einmal ganz "ohne Schaum vorm Mund“ mit der AfD auseinander, und zwar an dieser Stelle gern mit dem Begriff „Lügenpresse“.
Gut eignet sich hierfür dieser Beitrag des Deutschlandfunks:
http://www.deutschlandfunk.de/friedrich-merz-zu-ttip-europaeer-sind-in-gefahr-in-eine.694.de.html?dram:article_id=353217
Da äugt Herr Friedrich Merz wie der gute Onkel Doktor über sein Brillenglas, so als müsse er jetzt die wegen TTIP angeblich hysterisch gewordene Öffentlichkeit einmal dringend beruhigen. Das Bild würde sich auch sehr gut für die Werbung zu einem Neurosedativum eignen, versehen mit dem Zusatz „zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker“.
Bettina Klein hört sich dann im ersten Drittel des Interviews ganz brav die Ausführungen von Merz zu einem völlig anderen Thema an, nämlich zum amerikanischen Vorwahlkampf und Donald Trump. Zwischendurch rudert sie hilflos immer wieder Richtung TTIP. Was war noch die Frage, die sie anfangs an Merz gestellt hatte? „Der Albtraum vieler Amerikaner, aber ganz besonders vieler Deutscher rückt jetzt näher. Manche werden das vielleicht verfolgt haben mit einem gewissen Entsetzen. Sie auch?“ War da nicht TTIP gemeint? So hatten wir das jedenfalls zunächst verstanden. Oder warum sollten jetzt etwa ganz besonders viele Deutsche entsetzt sein wegen Trump? Die Verwirrung nimmt zu.
Hat also Trump mit unserem Widerwillen gegen TTIP zu tun? Irgendwie völlig schräg, das Ganze. Meint Herr Merz tatsächlich, dass jeder, der was gegen TTIP hat, so wie Trump denkt? Keine Ahnung! Irgend etwas ist da bei Merz, Vorsitzender des Vereins „Atlantikbrücke e. V.“, verbal aus dem Ruder gelaufen. Oder hat der Sender das etwa falsch zusammengeschnitten? Fragen über Fragen...
Dann pathologisiert Herr Merz nach Lust und Laune, attestiert eine „gewisse Hysterie“ in der Öffentlichkeit. Es wird gescholten, dass nun ein paar Papiere veröffentlicht wurden, angeblich „rechtswidrig“. Fragt sich natürlich, wo das Recht in so einem Fall denn nun anzusiedeln wäre – handelt es sich doch bei TTIP und CETA um wirtschaftspolitische Würgegriffe, die das Schicksal unserer Zivilgesellschaft besiegeln könnten. Es folgt die Angstmache: Wenn wir da nicht mitziehen, dann werden wir von Asien überrollt. Wie gut, dass wir in den 1980er-Jahren am Amberger Dr.-Johanna-Decker-Gymnasium einen sehr guten Deutsch-Unterricht hatten. U. a. wurden damals Reden von Hitler und Goebbels analysiert. Die „Lüge“ ist ein weites Feld, haben wir damals gelernt, Manipulation und irre führende Rhetorik sind damit eng verknüpft.
Merz spricht von einem „Zeitfenster“ und endlosen Verhandlungen. Worüber eigentlich? Das hätten wir jetzt schon gern genauer gewusst. Dann könnte man auch überhaupt erst einmal anfangen zu verhandeln. Aber das ist ja gar nicht gewünscht, jedenfalls nicht mit uns VerbraucherInnen. Stattdessen drückt Merz aufs Gaspedal, spricht von einem „historischen Zeitfenster“ durch das man TTIP und CETA jetzt anscheinend auf Gedeih und Verderb hindurchdrücken müsse, ganz egal wie transparent dieses Fenster nun sein mag – eher ist es ja sehr dreckverschmiert, damit auch ganz bestimmt keiner mehr durchblickt.
Sorgen der BürgerInnen ernst nehmen? Dass ich nicht lache! Wie sollte man die Sorgen denn ernst nehmen, wenn die Freihandelsabkommen im gleichen Atemzug als alternativlos hingestellt werden – kennen wir ja inzwischen. Sachzwänge über Sachzwänge, wirklich bedauerlich! Da bleiben die Bedenken der BürgerInnen halt auf der Strecke.
In Frankreich sei der Widerstand gegen TTIP praktisch nicht vorhanden, sagt Merz. Schaut er keine Nachrichten? vgl. http://www.heute.de/hollande-droht-erneut-mit-nein-zu-ttip-abkommen-praesident-frankreich-wuerde-vertrag-nach-jetzigem-stand-ablehnen-43359734.html
Schuld daran, dass sich solch unsaubere Rede immer wieder behaupten kann und auch ihren Zweck erfüllt, sind aber natürlich nicht die Medien, sondern allenfalls Teils davon, diejenigen nämlich, die Politikern gerne mal das Wort reden. Da fragt man sich dann schon ab und zu, was der- oder diejenige dafür bezahlt bekommt, sei es nun direkt oder indirekt. JournalistInnen stehen in der Verantwortung dafür, dass Parteien wie die AfD nicht weiter zulegen. Mit Manipulation und Missachtung des BürgerInnenwillens allerdings bereiten PolitikerInnen den passenden Boden.
Kommentar: Sigrid Merkl