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In Signalfarbe getaucht
Uwe Timms Roman "Rot"
Ende des Feindbilds

Von Verlust ist in vielen Schattierungen die Rede. Es wird reflektiert, wahrgenommen, neu überlegt und sortiert, fast wie beim Entrümpeln eines überbordenden Dachbodens. Die Hauptfigur kommt zu keinem Ende, bleibt hin- und hergerissen zwischen dem Rot der Revolution, dem Rot der Liebe, dem Rot des Lebendigseins. Dennoch ist ein Bedürfnis nach Aufbruch zu spüren in ein entschlacktes Denken, das sich von ideologischen Kategorien abzuwenden beginnt. Vielleicht ist es ein Ende des Feindbilds, das da zur Sprache kommt, ein Ende des Schwarz-Weiß-Denkens, weil sich letztlich alles relativieren lässt: In der Rückschau, im Versagen, im Bescheidenwerden und im Aufbegehren gegen eben diesen Verzicht, im Aufbegehren für die Intensität und Lebendigkeit der Farbe Rot. Es scheint, als würde sich dieses Rot von außen nach innen verlagern, gegenläufig zum Prozess des Verblutens auf der Straße.
Uwe Timms Buch ist ein Buch über das Altern – darin verwandt zu „Das sterbende Tier“ von Philip Roth. Es ist ein Buch nicht über das Älterwerden, sondern über das Altern auch in den Teilen, die sich auf die Gegenwart beziehen: Eine Liebesgeschichte zu einer 20 Jahre jüngeren Frau changiert zwischen Genuss und Selbstzweifeln, zwischen Hingabe und Verweigerung. Über allem steht die Frage „Was bleibt?“, die sich in der Floskel, das könne doch nicht alles gewesen sein, wiederholt. Wenig bleibt am Ende übrig und doch viel, und sei es auch nur der Kampf, den die Hauptfigur gegen sich selber führt, gegen Resignation, Zynismus und spätpubertäre Altherrenwitze.

Uwe Timm: "Rot", neu bei Deutscher Taschenbuch Verlag (Jubiläumsedition), München 2011; www.dtv.de

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Uwe Timms Roman "Rot"
Sinnkrisen zur Lebensmitte

Uwe Timms Roman "Rot"
Ende des Feindbilds