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Uwe Timms Roman "Rot"
Sinnkrisen zur Lebensmitte

Uwe Timms Roman "Rot"
Ende des Feindbilds

In Signalfarbe getaucht
Uwe Timms Roman "Rot"
Sinnkrisen zur Lebensmitte

Uwe Timms Roman „Rot“ ist an einem Wendepunkt angesiedelt, und zwar aus einer Zusammenschau von Gegenwart und Vergangenheit heraus. Erschienen bereits 2001, erweist sich dieses Buch zehn Jahre später angesichts der aktuellen Sinnkrise als lesenswert. Es sind nicht nur die Ereignisse aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wie z. B. die Studentenrevolte, die beschrieben werden, sondern es wird ein Wandel erkennbar. Wie dieser Wandel zu fassen sei, darüber rätselt die Hauptfigur Thomas Linde, ein Mann über die 50, das ganze Buch hindurch. Rahmen dafür ist ein Verbluten, sein eigenes Verbluten auf der Straße nach einem Unfall. In Reichweite, durch den Aufprall weggeschleudert, liegt – man könnte sagen – das Rätsel, nämlich ein Päckchen Sprengstoff. Er hat es, seiner Profession als Beerdigungsredner entsprechend, bei einem Toten gefunden. Es ist nicht irgendein Toter, wie sich herausstellen wird, sondern ein ehemaliger Mitstreiter im Dienste gesellschaftlicher Veränderung. Begegnungen mit der Vergangenheit werden heraufbeschworen in der Begegnung Lindes mit Freunden und deren Lebensläufen samt dem Verlust von Träumen und Illusionen. Die Vorstellung, die Gesellschaft verändern zu können durch Argumente, Diskussionen, Aktionen in all ihren Facetten und Möglichkeiten spielt die Hauptfigur gedanklich durch, angefangen beim politischen Engagement bis hin zum Kauf von Obst und Gemüse bei einem Berliner Händler, der seine Produkte selbst anbaut und noch auf Geschmacksunterschiede und -nuancen aufmerksam machen kann. Man könnte manches im Buch als Allgemeinplatz einstufen, wäre da nicht der Verdacht, dass alles das nach wie vor eine Rolle spielt, wie etwa die Frage, ob es egal ist, wenn der Bevölkerung die Geschmacksknospen abhanden kommen oder eben nicht. Auch daran knüpft die Farbsymbolik an, die den Text durchzieht. Geschmacksintensität steht demgemäß für die Farbe Rot, Geschmacksneutralität – wie vielerorts aus dem Discounter – für ein tristes Grau.